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Äthiopien
Regenschirme, Klöster und viel Landschaft


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16.Dezember 2003 - auf dem Weg zur Grenze Richtung Äthiopien

Natürlich sind wir in Khartoum mal wieder nicht fertig geworden und viel zu spät weitergefahren. Einkaufen und Internet, den Reisebericht ablegen und natürlich die Weihnachtspost verschicken hat seine Zeit gekostete. Aber nun sind wir auf dem Weg nach Äthiopien. Die Asphaltstrasse haben wir hinter uns gelassen und mit unglaublichen 30 km/h rasen wir Richtung Grenze. Langsam verändern sich Landschaft und Dörfer. Aus den rechteckigen Lehmhäusern mit Flachdach sind nun Rundhütten mit Spitzdach geworden. Es ist den Hütten anzusehen, dass sie auch Regen aushalten müssen. Im gleichen Masse wird auch die Landschaft grüner und vegetationsreicher.

KASO Bild Die letzte Nacht hatten wir zum ersten Mal etwas Schwierigkeiten einen Lagerplatz zu finden. Vom ersten Platz den wir uns ausgesuchten wurden wir verjagt. Vermutlich hatte die Familie Angst vor uns. Leider mussten wir deshalb im Dunkeln eine neue Übernachtungsstätte suchen. Die Dörfer haben keinen Strom und deshalb auch kaum Licht. Dass wir direkt neben einem Dorf mit 30 Rundhütten übernachtet haben, bemerkten wir erst heute morgen. Aber wir blieben unbehelligt und haben gut geschlafen.




Am Horizont kann man die ersten Gebirge erkennen. Unser erstes Ziel in Äthiopien liegt auf 2100 m und wir sind noch weit unter 700m. Nach 5 Stunden Gewackel und Gerüttel erreichen wir die Grenzstadt Gallabat. Die Bezeichnung Stadt ist stark übertrieben. Es gibt nur ein gemauertes Haus, eine handvoll Hütten, einen Bach, einen kleinen Markt und eine Flagge. Auf der anderen Seite des Baches liegt Äthiopien.

KASO Bild War die Einreise ein tagfüllendes Programm, so ist die Ausreise aus dem Sudan in einer Minute erledigt. Ohne wenn und aber bekommen wir unseren Stempel ins Carnet und sind fertig. Keiner will Papiere, Handys oder gar das Auto sehen. Unsere letzten Dinare geben wir für Brot und Wasser aus und fahren über die Brücke nach Metema, Äthiopien. Hier müssen wir zuerst zum Immigration Office. Der Officer mit properem Namensschild bittet uns in sein Büro, das in einer Rundhütte aus Stroh untergebracht ist. Die Werbung für Bier und Kondome fällt sofort ins Auge. Beides gab es im strengen Sudan natürlich nicht, schon gar nicht in einem offiziellen Büro.
Äthiopien ist anders. Dies wird uns insbesondere bewusst, als wir ein Umfrageformular vorgelegt bekommen, in dem wir angeben sollen, wie wir mit dem Service der hiesigen Behörden zufrieden sind. Wir hätten ja vieles hier erwartet, aber das nun nicht. Vor allem wir haben ja eigentlich noch keinen Service genossen. Wir füllen es wohlwollend aus und werden entlassen. So - wir sind in Äthiopien und haben kein Geld. Eine Bank gibt es erst in Gondar, aber das sind noch 250 km Piste und es ist schon Spätnachmittag.

Unterwegs haben wir von anderen Reisenden vieles und nicht nur gutes über Äthiopien gehört: Man sei nie alleine, nie ungestört, überall werde man entdeckt und sofort stehen einige Einheimische rum, die nicht wegzubewegen sind. Auch hörten wir öfters, von "der Politik der offenen Hand" - betteln ist ein Volkssport. So komisch es klingen mag, genau diesen Eindruck hatten wir sofort nach der Überquerung des Grenzflusses. Im Sudan sind die Leute zurückhaltend, hier eher aufdringlich und es beginnt wirklich am Schlagbaum. Trotzdem müssen wir einen Platz für die Nacht suchen. Bis zur nächsten Stadt ist es zu weit.

Wir schlagen uns außerhalb des Grenzdorfes in die Büsche. In einer ausgedienten Steingrube und Resten einer Baustelle bleibt sogar das Monster verborgen. Zum ersten mal, haben wir einen Lagerplatz in einem Art Wald. Die Nacht ist erfüllt von ungewöhnlichen Geräuschen. Wir sind in Afrika!

17. Dezember 2003 - Bergauf

Die Nacht war ereignislos und ruhig. Wir machen uns auf nach Wagna. Schon im ersten Dorf werden wir mit dem Ruf "YOU,YOU YOU .... " begrüßt. Kinder rennen fordernd neben dem Monster her. Aber so fordernd sie auch sind, ebenso freundlich scheinen sie, wenn sie uns zuwinken. Man kommt hier aus dem Winken gar nicht raus. Alles winkt den Touristen zu, jung und alt, Mann und Frau. Als Tourist ist man ist hier etwas Besonderes. Wir haben auch von Steine werfenden Kinder gehört. Um dem vorzubeugen und unsere Scheiben zu schützen winken wir immer schon profiltaktisch. Wer winkt, hat weniger Zeit zu werfen.
In Wagna müssen wir unser Fahrzeug beim Zoll vorführen und das Carnet abstempeln lassen. Diese Prozedur ist etwas umständlicher, denn es geht auch hier nicht ohne 4 verschiedene Formulare, aber nach 30 Minuten sind wir fertig. Die Gebühr von 1 US $, wird natürlich von uns bar beglichen (grins).

KASO Bild Frohgelaunt geht es weiter. Die Piste ist wesentlich besser als auf der sudanesischer Seite. Mit über 40 Sachen fliegen wir den Bergen entgegen. Die Berge beginnen gleich hinter der Grenze, stetig geht es bergauf. Manchmal in Serpentinen oft in langen Geraden die sich an einen endlosen Berg schmiegen. Nach einer besonders Steilen Kurve sehen wir zwei alte Bekannte am Straßenrand. Corinne und Francois sind für ein Jahr mit dem Fahrrad in Afrika und Asien unterwegs. Und auch sie haben eine eigene Reisehomepage avloa2 . Wir haben die beiden schon in Ägypten in der Oase Bahariya kennen gelernt. Nach einem freudigen Hallo fragen wir sie ob sie mit genommen werden wollen. Sie haben heute in mehreren Stunden nur 7 km geschafft. Auch ihr Ziel ist Gondar, denn auch sie sind mit Mark und Jo für Weihnachten verabredet.

Gedacht hatten wir uns: Das Gepäck und die beiden kommen vorne rein und die Fahrräder sollen hinten in die Kabine - aber die Kabine geht nicht auf. Wirklich die Kabine geht nicht auf! Wir haben eine zusätzliche Verriegelung der Kabinentür von innen. Diese Verriegelung kann gesperrt werden, damit sie sich nicht selbst verriegelt, aber genau das haben wir heute morgen vergessen. Und nach Murphies Law geschieht alles Unglück was denkbar ist. So stehen wir jetzt vor einer von innen verschlossen Kabine. KASO Bild Für Corinne und Francois bedeutet das, dass sie weiter strampeln müssen, und für uns, dass wir eine Idee brauchen. Wir fühlen uns richtig mies, weil wir die beiden nun doch auf der Strecke lassen müssen. Wir fahren weiter und hoffen: was sich selber zugerüttelt hat, könnte sich ja auch wieder aufrütteln. Aber keine Chance - sie geht nicht auf. Nach weiteren 30 Minuten meldet sich unser Kühler. Dem Monster ist es zu heiß geworden. Wir sind nun auf 1500 m und haben noch 800 Höhenmeter vor uns. Nach einer halbstündigen Abkühlpause geht es weiter aber wieder nur 20 km dann kocht es schon wieder. Wieder abkühlen, wieder warten, wieder weiter und nach wenigen Minuten das gleiche Ergebnis. Die Situation ist ziemlich verfahren. Wir haben kein Geld, alles essbare ist in der Kabine, aber die ist von innen verriegelt, wir kommen nur immer 15 km weiter bevor es Monster wieder zu heiß ist und es wird langsam Abend. Dana richtet sich auf eine unbequeme Nacht in Führerhaus vom Monster ein. Eigentlich wollten wir die Schrauben der Verriegelung aufbohren, aber dazu müssten wir Gondar erreichen. Mir reicht es nun. Mit einer Axt und einem großen Hammer rücke ich den Schrauben der Verriegelung zuleibe. Nach dem ich mit roher Gewalt fünf von sechs Schraubenköpfen gesprengt habe, entriegelt sich die Tür durch die Erschütterung. Typisch! Weiter geht es zum nächsten Dorf. Dort sind wir sofort von 50 Menschen umringt und belagert. Ich versuche 10 US Dollar zu tauschen. Skeptisch wird der Schein betastet und begutachtet, bis jemand bereit ist ihn gegen äthiopische Birr einzutauschen. Hurra wir können Brot und Wasser kaufen - und siehe da auch das Monster wird nicht mehr heiß - wir schaffen es auf einen Rutsch nach Gondar. Mit Einbruch der Dunkelheit kommen wir an und genehmigen uns mehrere Daschen Biere, die wir uns redlich verdient haben.

18. Dezember 2003 - nach Bahir Dar

Da wir uns in vier Tagen mit unseren Freunden in Gondar treffen wollen, haben wir noch Zeit um nach Bahir Dar an den Lake Tana zu fahren. Von dort aus wollen wir vor allem die Blue Nil Wasserfälle besuchen. Sie sind die zweit größten Wasserfälle Afrikas und eine der Hauptattraktionen Äthiopiens. Es sind nur 183 km dahin, also lassen wir uns Zeit und machen uns erst am Nachmittag auf den Weg. Die Teerstrasse endet nach 15 km und es folgt Piste - aber was für eine. Fast die gesamte Route ist im Bau und wir müssen uns mit der Servicepiste neben der Straße begnügen. Zumeist kommen wir nur im Schritttempo voran. Wir benötigen für die 183 Km über 7 Stunden. 3 Stunden nach Sonnenuntergang kommen wir an. Dafür werden wir mit einem wunderschönen Campingplatz direkt am See belohnt. Romantischer kann man nicht campen.

19 Dezember 2003 - mit dem Fahrrad um die Welt

KASO Bild Neben unsrem Monster steht ein winziges Ein-Mannzelt und ein Fahrrad, es gehört Michael aus Landau. Er befindet sich auf dem Rückweg nach Deutschland. Als wir hören, dass er schon 2 Jahre und 9 Monate unterwegs ist und mittlerweile 42 000 km mit dem Fahrrad zurückgelegt hat, staunen wir nicht schlecht. Auf dem Landweg nach Indien weiter über Thailand, Malaysia durch Australien und Neuseeland und nun von Süden durch Afrika nach Hause in die Pfalz. Das ist wirklich etwas anderes als im Monster über die Unbequemlichkeit zu fluchen.




20. Dezember 2003 - Die Klöster

Eine Hauptsehenswürdigkeit am Lake Tana sind die Klöster auf den Inseln. Manche Inseln sind nur für männliche Lebewesen zugänglich. Bei einer Inseln ist die Regel sogar so streng, dass sich weibliche Lebewesen der Insel nicht einmal nähern dürfen. Jan aus der Tschechei hat eine illustre Ausflugsgruppe zusammengestellt, so dass wir die Kosten des Bootes durch 7 Personen teilen können. Morgens um 7:00 Uhr geht es los zur Insel Daga in der Mitte des Sees. Dreieinhalb Stunden benötigt das Boot. Das Kloster auf der Insel ist rund und versteckt in einem paradiesischen Wald. Es ist für seine Wandbilder berühmt. Viele Geschichten und Mythen ranken sich zum diese Klöster. So soll in einem der Klöster die Bundeslade mit den 10 Geboten, die Moses erhalten hat, versteckt sein.
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Im Kloster Uhra Kidane Mehret, das wir als nächstes besuchen, soll der Hufabdruck des Heiligen St.Georg in der Mauer zu sehen sein. So hat jedes der Klöster eine eigene Geschichte. Beeindruckt sind wir vor allem von der sehr realistischen Illustration des Menschenfressers Belay und des Teufels. Interessanterweise kennen wir viele der Mythen (wenigstens in etwa) - ohne sie je mit Äthiopien in Verbindung gebracht zu haben.
Den ganzen Tag verbringen wir auf dem See und auch ein Kloster das nur für Männer geöffnet ist besuchen wir. Auf die Frage wie sie sicherstellen, dass nur männliche Tiere auf der Insel sind, wird uns erklärt, dass diese Regel nur für Nutztiere gilt und nicht für Vögel und der gleichen. Nach 5 Klöstern und mehr als 11 Stunden mit einem winzigen Motorboot unterwegs ist unser kulturelles Interesse etwas erlahmt.

Mit von der Partie bei diesem Ausflug ist Lukas. Er arbeitete für ein paar Monate im Krankenhaus in Gondar als Arzt und bestätigt in vielerlei Hinsicht unsere Meinung von Äthiopien. Reisen in Äthiopien ist in mehrfacher Weise etwas anstrengender als in anderen Ländern. Überall wo Menschen sind wir man mit dem Schrei: "YOU YOU YOU...", "give money", oder "give pen " begleitet. Das Wort "Bitte" ist hier anscheinend unbekannt. Fährt man langsam durch ein Dorf so laufen die Kinder neben dem Auto her und betteln. Wir sahen Touristen mit dem Fahrrad, die fast immer von rennenden Kindern begleitet werden. Auch die Erwachsenen strecken sofort die offene Hand entgegen sobald sie erkennen, dass wir Weiße sind. Fast jeder gibt uns an der Strasse Zeichen wir sollen anhalten und fordern Hosen, T-Shirts und Geld. Selbst Patienten und Ärztekollegen von Lukas schrecken in der Klinik nicht davor zurück ihn anzubetteln. Natürlich ist Äthiopien eines der ärmsten Länder der Welt, aber wir sind durch den Sudan gefahren, der auch in diese Riege gehört und trotzdem sind die Menschen dort sehr zurückhaltend. Seltsamerweise haben wir andererseits den Eindruck durch eine blühenden Garten Eden zu fahren. Überall sieht man Felder und Landwirtschaft, im Süden gibt es üppige Plantagen, auf den Weiden vergnügen sich Rinderherden. Die Spuren von Hilfsorganisationen sind überall zu erkennen. Fast jedes Dorf wird durch eine der uns bekannten Organisationen unterstützt. Deshalb muss hier in diesem schönen Land noch irgendetwas anders im Argen liegen.


21. Dezember 2003 - Die Wasserfalle des blauen Nils

KASO Bild Mit dem Bus fahren wir zu den Blauen Nil Wasserfällen. Vor ein paar Wochen schon hat mir Mark erzählt, dass die Wasserfälle in Äthiopien ausgetrocknet sein sollen, aber das glaubten wir natürlich genauso wenig wie die Geschichte mit der Spinne in der Yukkapalme ... erzähl du nur. Nun stehen wir vor den Wasserfällen und stellen fest, er hatte recht. Nix mit rauschendem Wasserfall, sondern nur ein spärlicher Rest von Wasser. Auf dem kleinen Bild (das nicht von uns stammt) kann man erkennen wie es sein soll und auf dem großen, was wir sahen.

KASO Bild Oberhalb der Wasserfälle wurde ein neues Elektrizitätswerk gebaut, das alles Wasser staut und durch die Turbinen an den Kaskaden vorbei leitet. Die Wasserfälle wurden als natürliches Staustufe verwendet. Das ist natürlich für die Wirtschaft des Landes günstig, für uns Touristen etwas schade.

KASO Bild Trotzdem machen wir uns auf zu einer Wanderung rund um die "ehemaligen" Wasserfälle. Begleitet werden wir von mehreren Kindern und Jugendlichen, die zum einen vorgeben unsere Guides (Führer) zu sein, andere hingegen tragen seit Stunden lauwarme Colaflaschen mit sich herum, die sie bei jeder Rast an uns verkaufen wollen. Zurück zum Dorf gelangt man mit einem Boot über den Nil. Dana wollte eigentlich mit einem der dort gebräuchlichen Papyrus Boot übersetzten, was aber in Anbetracht der Gerüchte um Krokodile doch nicht verlässlich genug erschien.

22. Dezember 2003 - Zurück nach Gondar

Wir fahren zurück nach Gondar, da wir dort mit Marc, Jo, Luc, Francois und Corinne verabredet sind. Wir treffen uns heute zum Abendessen um unsere Weihnachtspläne zu erörtern. Da wir die "bescheidene" Strecke nun schon kennen, machen wir uns etwas früher auf den Weg. Auch für Radfahrer ist die Strecke nicht gerade angenehm (man muss 2x von 1800 m auf 2400m und wieder runter). Michael entscheidet sich unser Angebot anzunehmen und auch mit KASO-Tour zu reisen (Monster - Travel). Die Strecke nagt an den Reifen. Nachdem wir sie zweimal gefahren sind, sehen die Pneus aus als wären sie von Mäusen oder größerem Getier angenagt. Fetzen von 5x5 cm hängen weg. Das Profil hat Risse bis ins Stahlgeflecht. Das halten sie keine 2000 km durch. So etwas habe ich noch nicht gesehen. Auch die ausgedienten Panzer entlang der Strecke sehen wir heute erstmalig. Auf der Hinfahrt hat sie die Dunkelheit verborgen.


Unsere Weihnachtsgruppe wird immer größer. Außer den uns bekannten Freunden kommt auch noch Daryl aus Süd Afrika mit in die Berge. Er ist mit dem Motorrad von England auf dem Weg nach Hause. Weiterhin hat Mark einen jungen Mann aus Gondar kennen gelernt. Mabrato und seine Schwester Gisie wollen mit uns in die Simiens fahren und für uns äthiopisch kochen. Der Simiens Mountain Nationalpark umfasst eine Hochgebirgsregion mit dem höchsten Berg Äthiopiens, dem Ras Daschen (4620 m). Der Nationalpark selbst liegt auf ca. 3300m. Da sich mehr als die Hälfte Äthiopiens auf über 1800 m befindet wird Äthiopien selbst und speziell dieser Nationalpark das "Dach Afrikas" genannt. In einem der Camps wollen wir Weihnachten feiern. Für Äthiopier ist dieses Datum kein besonderes, weil sie feiern Weihnachten erst am 7 Januar und das neue Jahr beginnt für sie im September. Übrigens leben die Äthiopier im Jahr 1996. Das Jahr hat 13 Monate und um 6 Uhr morgens ist nach äthiopischer Zeit 0 Uhr. Eben alles ein bisschen verdreht.

23. Dezember 2003

In Gondar gibt es einen kleinen Supermarkt der auch etliche Artikel aus Europa führt, wie Käse, Schokolade und Nuss-Nougat-Cream. Über diesen Supermarkt fallen wir her und begründen das "Ras Daschen - Supermarkt Syndrom" das laut Jo wie folgt funktioniert. "What's that? Oh good! How much? OK we take ten!" Ja wir müssen ja auch für 10 Leute und 7 Tage einkaufen. Für den Ladenbesitzer war am 23. Dezember Weihnachtsbescherung. Wir machen uns als erste auf den Weg in die Berge, weil wir die langsamsten sind. Wir wollen es heute noch bis Debark schaffen. Dort befindet sich das Parkbüro und der Abzweig in den Park.

KASO Bild Debark liegt schon auf fast 3000 m und das Monster hatte bei manchem Anstieg doch ganz schön zu schnaufen. Da wir aber nun die Eigenwilligkeiten kennen, wissen wir wie wir fahren müssen. Manchmal können wir halt nur mit dem 1. Gang weiter und kriechen wie eine Schnecke den Berg hoch. Aber das Monster meistert so fast jeden Berg ohne zu überhitzen. Für uns ist die Bergfahrt einfach eine Funktion von Steigung, Temperatur und Zeit geworden.

Kurz vor der Dämmerung kommen wir in Debark an. Wir haben keine Lust uns irgendwo zu verstecken und fragen, ob wir im Innenhof vom Park Hotel (hä hä) übernachten können. Wir können. Das Monster ragt über das Hoteldach hinaus und im Innenhof kann man kaum gehen, da auch noch 2 Busse dort stehen. Kaum zu glauben, kurz nachdem wir angekommen sind trifft ein Bus voll besetzt mit griechischen Touristen ein. Sie belegen alle Hotelbetten. Park Hotel ist ein sehr geschmeichelter Name, bei Monopoly währe das Park Hotel eher in der Region Badstrasse.
Spät Abends kommen Luc und Daryl an. Gezwungenermaßen übernachtet Daryl zum ersten mal im Hotel Monster auf unsrem Gästebett in der Fahrerkabine. Luc kann ja wieder Hotel Brian nutzen.

24. Dezember 2003 - Heilig Abend.

KASO Bild Nach längere Diskussion im Park Office ist geklärt, wie lange wir im Park bleiben. Wir müssen auch noch zwei bewaffnete Scouts mitnehmen. Es ist zwar nicht klar ob sie uns vor Mensch oder Tier beschützen sollen aber sie müssen mit und wir müssen bezahlen. Da niemand mehr Platz im Auto hat, kommen die beiden ins Monster. Uns ist etwas unwohl bei den komischen Schiessprügeln die wir nun im Auto spazieren fahren. Wir weisen auch ausdrücklich darauf hin, dass wir nicht direkt vor den Mündung der Gewehrläufe sitzen wollen. Man weiß ja nie bei den alten Dingern. Bevor wir entgültig los können kaufen wir auf dem Markt von Debark ein Schaf und ein paar Hühner. Das lebende Schaf und die Hühner werden auf dem das Dach von Custard transportiert. Unser Auftauchen beim Markt, bringt das gesamte Marktgeschehen durcheinander. Auf geht`s in Richtung Parkeingang. Das Monster keucht und ächzt die Serpentinen hoch. Beim Parkeingang werden wir von einer Herde Affen begrüßt die hier endemisch sind.

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("Endemisch" heißt: einzigartig, es gibt sie nur an einem, diesem speziellen Ort. Endemisch ist ein super Fremdwort um sich irgendwo hervorzutun. Das sage noch einer, bei Kaso-Tour könne man nix lernen). Egal, die Affen, "Gelada baboon" genannt, waren witzig. Hunderte von Affen die sich in Herden über die Berghänge bewegen. Weiter geht die Fahrt nach oben. Die Schotterpiste ist teilweise so steil, dass Monster sie nur im ersten Gang bewältigt. Der höchste Punkt den wir erreichen wird vom GPS mit 3470 m angegeben. Wir hätten nie geglaubt, daß Monster das schafft. Nach einer Kurve liegt eine grandiose Aussicht vor uns. Wir schauen hinab auf eine gewaltige Bergwelt, unzählige Tafelberge (Ambas) Schluchten und Felsen.

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Unser Ziel ist das Sankaber Camp. Dort wollen wir die nächsten Tage bleiben. Außer uns sind noch ca. 20 andere Zelte hier. Wir haben nicht erwartet so viele Leute hier anzutreffen, schon gar nicht an Heilig Abend. Mit 10°C haben wir nahezu weihnachtliche Temperaturen (für Deutschland). Als erstes muß das Schaf geschlachtet werden. Mabrato und Luc widmen sich dieser Aufgabe. Vor allem für Luc ist das Schlachten eine neue Erfahrung. KASO hält sich in diesem Zusammenhang im Hintergrund. Ich muss nicht immer ganz vorne mit dabei sein. Aus Schaf, Knoblauch, und Kartoffeln bereitet Gisie ein typisches äthiopisches Fleischgericht. Wir sind auch für Weihnachten gerüstet - Dana macht aus äthiopischen Wein und Gewürzen und Orangen eine klasse Glühwein, den wirklich alle benötigen, denn nach Sonnenuntergang ist es empfindlich kalt geworden. KASO Bild Zum Abendessen gibt es Inschara, der typische äthiopische Fladen mit Schaffleich und Kartoffel. Dazu Glühwein, Spekulatius und Weihnachtsmusik von CD. Ein Heilig Abend wie ihn keiner von uns vergessen wird. Das Essen ist für uns Weiße eher gewöhnungsbedürftig, aber wir alle sind recht zufrieden mit diesem Fest. Wie Luc aus der Schweiz sagte ".... sehr speziell". Das ganze erhält eine besondere Note - wir können mit Marks Sattelitentelefon in Deutschland anrufen. Die moderne Technik macht es möglich sogar aus dem Nichts zu telefonieren. Während der Nacht gingen die Temperaturen auf unter Null Grad zurück. Oft schon haben wir auf dieser Tour unser Monster verflucht und uns gewünscht wir hätten doch etwas kleineres. In den Bergen kommen die Vorzüge unserer Kabine voll zum Tragen. Wir können die Tür schließen und kein kalter Lufthauch hat stört den erlauchten Schlaf. Auch die ums Camp schleichenden Schakale sind uns egal.

25. Dezember 2003 - Weihnachten.

Außer uns hat jeder irgend etwas am Auto zu reparieren. Da ich zu faul bin oder weil am Monster nur das Reifenprofil und die Halterung des Armaturenbrettes kaputt ist, helfe ich mal hier mit und mal da. Eigentlich habe ich keine Lust an Weihnachten zu schrauben. Bei der Überprüfung der Brotvorräte stellen wir fest, das Brot wird nicht reichen. Also was tun? Der Weg in den nächsten Laden ist zu weit, deshalb wird die Notration an Mehl ausgepackt und ich beginne Brot zu backen. Mit Trockenhefe und Backmischung zaubere ich zwei große Leib. Als Backofen verwende ich einen alten Kochtopf, der direkt in die Glut gestellt wird. Das Brot ist zwar sehr kompakt aber essbar und gut. Brotbacken auch unter diesen Umständen ist gar nicht so schwer

KASO Bild Gisie zelebriert für uns die typische äthiopische Kaffee-Zeremonie. Kaffee stammt ursprünglich aus Äthiopien, ein Landstrich hier ist das Land der Kaffer. So gibt es hier eine spezielle Art den Kaffee zuzubereiten. Die Zeremonie benötigt rundweg eine Stunde. Die grünen Kaffeebohnen werden gewaschen, auf einem Blech über offenem Feuer braun geröstet und noch warm in einem Holzmörser zerstoßen. Das ganze wird mit Wasser aufgekocht und in Tassen die zu einem Viertel mit Zucker gefüllt sind, aufgegossen. Bei einer äthiopischen Kaffeezeremonie wird der Kaffee 3 mal in einer speziellen Kanne aufgekocht. Jeder muß mindestens 3 Tassen trinken. Gisie hat sich für diese Gelegenheit extra die äthiopische Tracht angezogen.

An diesem Abend gibt es als Überraschung englischen "Fruitcake". Er wird mindestens ein Jahr in schottischen Whiskey regelmäßig gewendet. Der 25. Dezember ist für unsre englischen Freunde der Hauptfeiertag. Luc hat eine besondere Überraschung auf Lager, er hat tatsächlich für jeden von uns ein kleines Geschenk. Wir packen es im Schein des Lagerfeuers aus. - Danke Schön.

26. Dezember - auf zum Gich Camp.

Auf geht's zu einem 2 tägigen Hijke in die Berge. Daryl leiht uns sein Zelt. Er kann sich vorstellen es eine Nacht mit Luc im Zelt auszuhalten. Das Gich Camp ist nicht mit Fahrzeugen erreichbar. Wir haben Maultiere samt Treiber angeheuert. Sie transportieren das Hauptgepäck. Frühmorgens um 8 Uhr stehen die Maultiere bereit beladen zu werden. Manche sind in einer bemitleidenswerten Verfassung. Wir lehnen es ab unser Gepäck auf ein Pferd zu laden, das sichtlich lahmt. Nach einer Stunde ist alles verstaut. Ein Scout bleibt bei den Fahrzeugen zur Bewachung der andere Scout ist unser Führer. Mit geschultertem Gewehr geht er munter voraus.

Die Scouts sind schon ein komisches Volk. Eigentlich sollten sie für sich selbst sorgen, aber das tun sie nicht. Sie verlassen sich darauf, dass sie mit versorgt werden. So haben sie weder Schlafsack noch Zelt dabei, obwohl sie wissen, dass sie für mehrere Tage in die Berge gehen. Wir haben ihnen Planen geliehen um sich zuzudecken. Ihr bevorzugter Schlafplatz ist unter dem Monster, warum ist uns unklar, da es nicht regnet und das Fahrwerk wirklich kein Windschutz bietet. Auch haben sie keine Skrupel alle unsere Sitzgelegenheiten für sich und ihre Freunde zu verwenden und unser Holz zu verbrennen (das Holz muss man kaufen). Wie schon erwähnt, das Wort Bitte scheint es in Äthiopien nicht zu geben.

KASO Bild Wir folgen und weiter geht es bergan. Wir durchqueren eine großartige Landschaft. Wieder stehen wir an einem Abhang der fast 1000 m abfällt und wieder sehen wir Gebirge von oben, ein majestätischer Anblick. Mittags rasten wir bei einem kleinen Wasserfall (der große Wasserfall an dem wir vorbeikamen hatte natürlich kein Wasser, aber das ist wohl hier in Äthiopien so eine Eigenschaft von Wasserfällen). Unsre Mahlzeit wird streng beobachtet von einer Herde Baboon und von Lämmergeiern, die in der Hoffnung auf essbare Reste, über uns kreisen.


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Unser Wanderung führt uns vorbei an Riesen Lobelien, auch diese Pflanzen sind hier endemisch. Gegen 15:00 Uhr kommen wir im Giche Camp auf 3600 m Höhe an und werden von einem schneidig, kaltem Wind begrüßt. Eigentlich wollten wir noch weiter bis zum Gipfel des Imetgogo, doch das verschieben wir auf morgen. Auch in diesem Lager sind wesentlich mehr Menschen als wir erwartet hätten. Die meisten mit geführten Gruppen. Wir beobachten einen Adler - ein Vogel der fast schon etwas Mythisches hat und auch deshalb überall als Wappentier verwendet wird. Ungewöhnlich ist für uns, dass er sich in der Nähe unserer Horde von Touristen nieder- und nicht aus der Ruhe bringen lässt.

Was der Abend versprach hält die Nacht - es ist schweinekalt. Enggedrängt sitzen wir ums Feuer. Die Gaskocher schaffen es nicht die Suppe zu erhitzen, also wird über offenem Feuer gekocht. Mehr als Nudelsuppe ist heute nicht drin. Hauptsache warm und viel. Luc bringt seinen Unmut mit dem Spruch "dieser blöde Camping Scheiß." zum Ausdruck. Er wird noch oft von uns allen zitiert werden, denn auch Engländer, Franzosen und Süd Afrikaner haben sehr gut verstanden was er meinte.
Es ist so kalt in dieser Nacht, dass unser Kanister mit Wasser gefriert. Die Gruppe KASO macht es sich in Daryls Zelt gemütlich. Da das Maultier alle unsere Decken aus dem Monster hier hoch schleppen mussten ist es auch gar nicht so unbequem und wir frieren nicht.

27. Dezember - Imetgogo

Imetgogo wir kommen. Nach nur 2 Stunden erreichen wir den Gipfel. Die letzten Meter sind besonders spektakulär. Der Weg führt über einen Grad auf der einen Seite fällt der Fels fast 1000 m senkrecht ab, flankiert von schwarzem Granit. Geschafft - wir sind oben - auf 3950m. Leider können wir nicht allzu lange verweilen, da wir zurück zu unsren Fahrzeugen ins Lager Sankaber müssen.

KASO Bild Der Abstieg fällt uns wesentlich leichter als der Aufstieg, trotzdem machen sich bei einigen von uns Magenbeschwerden, Kopfschmerzen und Übelkeit bemerkbar. Wir wissen nicht ob es von der Höhe oder vom Wasser kommt.

Mark trifft es besonders hart, als wir von unseren eigenen Maultieren samt Lasten überholt werden. Nein wir anderen haben keinen sportlichen Ergeiz schnell zurückzukommen.

Dies ist unser letzter gemeinsamer Abend. Luc und Daryl fahren morgen zurück nach Gondar und nehmen Mabrato und Gisie mit. Mark, Jo, Francois und Corinne wollen ins Chennek Camp und werden gemeinsam den Ras Daschen besteigen. Wir wollen über den Wolkefitt Pass nach Norden nach Axum, um dort Sylvester zu feiern.

28. Dezember - bergab

Jeder Schritt fällt mir schwer, mein Magen rumort und überhaupt ist mir heute nicht so gut. Endlos brauchen wir um das Monster reisefertig zu machen. Erst gegen Mittag kommen wir los. Ein Scout (Half Face) kommt mit uns ins Tal der andere fährt mit Mark zum Chennek Camp. Der Scout murmelt etwas von bezahlen und 5 Tage aber da wir nur 4 Tage hier waren meint Mark ich solle nicht darauf hören. Wir fahren runter nach Debark und erklären unsrem Scout er könne nun aussteigen da wir weiter nach Auxm fahren. Aber er steigt nicht aus und er meint wir müssen noch mehr bezahlen. Nein es war alles mit dem Park-Officer besprochen. So geht es eine Weile lautstark hin und her - er sagt bezahlen und wir sollen ihn zurück ins Office fahren. Ich sage aussteigen da wir endlich weiter wollen, alles bezahlt und langsam genug haben. Wir bitten in nochmals mit Nachdruck endlich aus unserem Auto auszusteigen. Als Antwort lädt er sein Gewehr und richtet es auf uns - und sofort kommen wir zur Einsicht und bringen Ihn zu seinem Vorgesetzten. Es war eine unschöne Erfahrung in die Mündung seines Gewehrs zu schauen. Nach einer Diskussion mit dem Officer, und mehrmaligen Entschuldigung des Selben, bezahlen wir nur den Scout für einen Tag länger. Wer das Gewehr hat, hat Recht. Dieses Ereignis hat uns den Tag ganz versaut - und mit ziemlichen Ärger und Frust verlassen wir Debark in Richtung Norden. Natürlich haben auch wir falsch reagiert. Vielleicht hätten wir früher einlenken und ihn ins Parkoffice fahren und die Angelegenheit mit seinem Vorgesetzten diskutieren sollen. Aber trotzdem ist dies kein Grund und keine Lösung, eine Waffe zu laden und auf uns zu richten.

KASO Bild Kurz hinter Debark beginnt der Wolkefit Pass. In halsbrecherischen Serpentinen windet sich eine sehr schlechte Schotterpiste über 1800 m hinab in das Gebirge, das wir so oft von oben bewundert haben. Die Serpentinen sind zum Teil sehr eng und haben noch zusätzlich eine 30 Grad Neigung nach innen. Tiefe Spurrillen machen die Sache noch etwas schwieriger. Oft liegen Steine und Felsen von Überhängen auf der Piste. Der Abgrund neben der Piste ist schwindelerregend tief und steil. Wir versuchen uns zu beruhigen und die Landschaft zu genießen. Sie ist atemberaubend schön. Doch den Atem raubt uns ein anderes Ereignis. Vor einer Kurve trete ich auf die Bremse und habe plötzlich keine Bremswirkung mehr. Mir stockt das Herz. Mit aller Gewalt zwänge ich den 2 Gang rein und zerre wie verrückt an der Handbremse. Das Monster kommt zum Stehen. Zum Glück habe ich viel Zeit und Mühe bei der Reparatur der Handbremse verwendet. Was ist passiert ? Ich weiss es nicht genau. Bei der Untersuchung der Bremsanlage verbrenne ich mir die Finger an den Bremsscheiben. Über die Hälfte des Abstiegs liegt bereits hinter uns und es wird mal wieder Abend. Was also tun? Nach meiner Theorie hat sich bei einem besonders starken Gefälle und Geruckel eine Luftblase in die Bremsleitung verirrt, da der Bremsflüssigkeitsstand doch sehr gering war. Wir füllen Bremsflüssigkeit nach und beschließen weiterzufahren, denn auf dieser engen Paßstraße können wir nicht stehen bleiben. Wenn man mehrmals mit dem Bremspedal pumpt läst sich eine Bremswirkung erzeugen. Morgen werden wir die Bremsen zu entlüften.

Es wird Nacht und wir haben immer noch keinen geeigneten Schlafplatz gefunden. Die Dörfer sehen nicht sehr einladend aus. Sie sind ohne Strom und drängen sich entlang einer schlechten Strasse. Überall sieht man Garfeuer die in der Dämmerung eher bedrohlich wirken. Wir werden beäugt wie aus einer anderen Welt, was wir mit dem Monster ja auch sind. Man muss sich vergegenwärtigen, dass wir mehr Hausrat mit uns führen als die meisten hier besitzen. Vor allem trägt in dieser Gegend fast jeder Mann ein Gewehr spazieren. Unser Unbehagen wird immer größer. Wir fahren bei stockdunkler Nacht wieder einen Pass hinauf und hinunter, ohne Vertrauen in die Bremsen und finden immer noch keinen sichern Platz für die Nacht. Erst nach 20:00 Uhr stellen wir uns auf einen Dreschplatz neben der Strasse. Wir sehen keinen Menschen aber wir hören eine Dorf. Schon lange ist kein Auto mehr unterwegs. Wir verbringen einen ungemütlichen Abend ohne Licht (damit man uns nicht sieht) und beschließen morgen umzukehren und zurück nach Gondar zu fahren. Aber das heißt auch wieder den Pass hinauf - mit kaputten Bremsen. In dieser Nacht schlafen wir beide nicht sonderlich gut, zudem sind wir gesundheitlich etwas angeschlagen.

29. Dezember - bergauf

KASO Bild Vor 6.00 Uhr sind wir wach. Beim ersten Licht machen wir Frühstück und das Monster reisefertig. Der erste Einheimische der vor dem Monster steht hat natürlich eine Kalaschnikow bei sich. Ich wechsle ein paar freundliche Worte mit ihm, lobe sein Land und sein Gewehr und verdrücke mich wieder ins Monster. Ich weiß nicht ob er mich versteht, aber ich habe langsam gelernt zu Menschen mit Gewehr freundlich zu sein. Wir machen uns auf den Weg. Wir kriechen den Pass hinauf ohne das Monster zu überhitzen. Nach 6 Stunden sind wir oben - kurz vor Debark. Uns ist unwohl durch Debark zu fahren. Dort wartet eventuell der verrückte Scout (Half Face) mit dem Gewehr. Möglicherweise hat er ja durch uns seinen Job verloren - was in jedem Fall besser für alle nachfolgenden Touristen wäre. Wenn ja, wird er uns dafür verantwortlich machen. Eigentlich müssten wir tanken, aber wir beschließen 2 Kanister in unsren Tank zu leeren, so schnell wie möglich durch Debark durchzufahren und nicht anzuhalten, komme was da wolle. Gesagt getan. Mitten in Debark rennt uns einer winkend und gestikulierend entgegen. Es ist Francois, wir halten an. Auch die Custard-Besatzung hat gestern die Simiens verlassen, da bei Marks Landrover der Turbolader ausgefallen ist. Sie sitzen in einem Cafe und wollten gerade weiter. Gemeinsam fahren wir nach Gondar. Ist schon lustig, sie wollten uns gestern einholen aber Monster war zu schnell. In Gondar angekommen gibt es für Dana nur noch eines - möglichst schnell ins Bett.

30. Dezember - Gondar

Eigentlich wollten wir alle weiter nach Bahir Dar aber keiner kommt voran. Wir entlüften die Bremsen und tun sonst nichts. Dana und ich fühlen uns wirklich nicht besonders. Wir wissen nicht ob es vom Wasser oder whatever kommt. Es könnte auch eine Vergiftung mit Bremsflüssigkeit sein. Durch die Aktion am Wolkefit Pass hatten wir Bremsflüssigkeit überall und die ist sehr giftig.

An diesem Abend treffen wir Christian und Juliane aus Köln. Auch er ist mit einem LT 4x4 hier in Afrika unterwegs nach Süden. Wir haben schon telefoniert, SMS ausgetaucht etc. aber wir haben uns noch nie gesehen. Er war immer eine Woche hinter uns. Wir verbringen einen netten Abend bei frisch gezapften Daschen Bier und verabreden uns für später in Kenia.

31. Dezember Sylvester in Bahir Dar

Wir begeben uns wieder auf die von uns so geliebte Piste nach Bahir Dar. Wir wissen zwar, dass wir für die 180 km mehr wir 8 Stunden benötigen, aber wir schaffen es nicht vor 11:00 Uhr wegzukommen. Diese Strecke ist so mies, kaum zu verstehen, dass wir sie nun schon zum dritten mal fahren. Das elendige an dieser Piste ist, sie besteht zu 20 % aus nagelneuem Asphalt, aber man darf ihn noch nicht benutzen. Wir müssen auf der Servicepiste der Baufahrzeuge fahren und die ist in einem erbärmlichen Zustand. Mit Durchfallmittel im Bauch und Pudding in den Beinen geht es los. Wir haben den Eindruck die Strecke wird von mal zu mal schlechter. Custard überholt uns gegen 16:00 Uhr aber wir werden noch mindestens 4 Stunden brauchen. Und dann das bereits in der Dunkelheit: Mitten in der Servicepiste kommen uns Militärfahrzeuge mit Panzern entgegen. Wir müssen anhalten und im Schneckentempo ziehen sie an uns vorbei (20? 30?) Es wirkt beängstigend und die Piste wird natürlich durch jedes einzelne Fahrzeug "besser". Als wir endlich wieder starten können ist sie kaum noch passierbar. Gegen 19:30 kommen wir ziemlich erledigt an.
KASO Bild Heute ist Sylvester eigentlich ein Grund zum Feiern. Das Gihon Hotel hat eine Sylvesterparty organisiert obwohl für die Äthiopier. kein besonderer Tag ist. Wie bereits erwähnt, das neue Jahr beginnt für sie im September. Wir gehen hin und ich mute meinem Magen, zu den Medikamenten, auch Fisch und Pommes und ein paar Biere zu. Nach dem Abendessen wird ein großes Feuer entfacht, ein DJ macht Musik, alle tanzen ums Feuer herum. Auch Daryl ist hier, er hatte auf der Fahrt Probleme mit seinem Motorrad und wollte es hier reparieren. Bis auf Luc ist die gesamte Weihnachtsgesellschaft also wieder versammelt, dabei sollte planmäßig keiner von uns hier sein.
Um Mitternacht gibt es sogar ein kleines Feuerwerk, das sich romantisch in der lauen Nacht im See spiegelt. Alles in allem doch ein recht schönes Sylvester. Nachdem gegen 1:00 Uhr die Musik geendet hat verschwinden die anderen Gäste und nur wir mit unseren Freunden und 2 Engländer sitzen ums Feuer, wie wir es in letzter Zeit schon oft getan haben. Es wird noch eine Runde Bier ausgegeben, Geschichten erzählt und mir wird schlecht. Ich versuche zum Klo zu gehen und falle um. Ich kann mich an die nächsten Minuten nicht erinnern. Dana versuchte mich aufzufangen aber wenn mein Lebendgewicht mal ins Wanken kommt, dann gibt's kein Halten. Als ich wieder zu mir komme, liege ich im Dreck, mit verkratztem Gesicht und alle stehen um mich rum. Der Cocktail aus Bier und Medikamenten hatte es wohl in sich (oder es war doch der Fisch). So bin ich ins Jahr 2004 gestolpert. Ein wirklich grandioser Begin.

1. Januar 2004 - Neujahr

Dieses Jahr wird von uns g a n z - g a n z  l a n g s a m begonnen. Außer e- Mails beantworten passiert heute nicht viel bei uns. Und Internet in Äthiopien ist auch so eine Sache die nur g a n z  l a n g s a m passiert. Oft benötigt man mehrere Minuten, bis eine Mail geladen ist, bis man dann eine Antwort geschrieben hat ist die Verbindung zusammengebrochen. Die einzige wichtige Entscheidung die wir heute treffen ist die, dass wir morgen noch nicht weiter fahren, sondern die Ruhe am See und die schöne Atmosphäre des Campingplatzes genießen.


2. Januar 2004 Die Bremsen zum vierten

Als wir Sylvester endlich wieder die Teerstrasse in Bahir Dar erreichten ist mir eine seltsames Geräusch aufgefallen. Es war ein schabender oder rasselnder Laut beim Fahren. Da es mir heute wesentlich besser geht und der nächste Streckenabschnitt nach Addis Abeba auch nicht ohne ist, will ich lieber mal nachschauen. Zuerst hatte ich die Radlager in Verdacht, aber die sind in Ordnung - es sind die Bremsen. Also mache ich wieder die Bremstrommel auf - aber es ist nicht mein Jahr. Bei der Demontage, verbiege ich manche Teile wirklich drastisch. Eine Handbremse lässt sich besser öffnen, wenn sie nicht angezogen ist. (grrr) Es dauert den ganzen Tag, bis ich mit Hilfe eines Schmiedes die Teile wieder geradegebogen und funktionstüchtig montiert habe. Das Geräusch kam von einer ausgehängten Feder in der Trommel. Das Bremssystem eines LT 4x4 kenne ich nach dieser Reise in- und auswendig.

3. Januar 2004 go Addis

Wir alle machen uns auf den Weg nach Süden bis Debres Markos. Laut Routenbuch erwartet uns eine schlechte Piste, gerüchteweise soll es aber eine neue Asphaltstrasse geben. Es ist eine schlechte Piste, nach 120 Km beginnt nagelneuer Asphalt, leider hält er nur wenige 40 km und wir haben wieder eine Baustelle und eine provisorische Piste neben der Baustelle - wie wir es gewöhnt sind. Oft stelle ich mir die Frage ob die Bauarbeiten jemals abgeschlossen werden oder ob der Neubau schon Altbau ist bevor er fertiggestellt wird.

KASO Bild Gegen 17:00 Uhr werden wir von Custard und Daryl überholt. Wir suchen ein Nachtlager auf einem kleinen Hügel mit Wäldchen. Mit einer Gruppe von Leuten ist es wesentlich leichter ein Lagerplatz zu finden. Vor allem mit Wachhunden wie Blue und Red.

Red ist ein Hund zum knuddeln. Hat man sich einmal an ihn oder er an uns gewöhnt, so kann man mit ihm machen was man will. Aber er mag keine dunkelhäutigen Menschen. Entsprechend gut ist er hier als Wachhund geeignet und er sieht schon imposant aus, wenn er mit seinen 40 kg und mit fliegenden Ohren auf einen zuschießt. Kaum haben wir das Wäldchen erreicht, sind schon etliche Einheimische um uns herum, aber in sicherer Distanz. Hier in Äthiopien wird man wirklich überall entdeckt.

4. Januar 2004 Durch die Schlucht des Abay - bye bye Nil

Heute sind es nur noch so rund 270 km und davon sollen die meisten Asphalt sein. Wir müssen zwar den Nil überqueren aber was soll's. Bis zum Nil beziehungsweise bis zur Abbruchkante ist wieder miese Piste angesagt. Die anderen fahren voraus, wir treffen uns dann in Addis. KASO-Tour wackelt weiter bis nach Dejen. Dort staunen wir nicht schlecht, wir hatten zwar von einem Canyon bei der Nilüberquerung gehört aber so gewaltig haben wir ihn uns nicht vorgestellt. Von 2400 m geht es runter auf 1100m, dort gibt es eine Brücke über den Nil, und wieder auf die ursprüngliche Höhe hinauf. Das Imposante dabei ist, dass dies in einer Distanz von Luftlinie 3 km passiert; das bedeutet man sieht von Anfang an fast die gesamt Strecke vor sich. Die Geröllpiste windet sich allmählich nach unten. Bis etwa 500m vor dem Nil. Ab dort scheint die Piste senkrecht in einer Schlucht zu verschwinden.

Da wir unseren Bremsen nur bedingt trauen, machen wir es wie die andern LKWs. Im ersten oder zweiten Gang rollen wir hinab. Zum Teil sind fast schon metertiefe Schlaglöcher in der Piste durch die wir durchschaukeln. Über anderthalb Stunden benötigen wir bis wir endlich am Nil sind. Der Blaue Nil ist hier nur ein Rinnsal und wird Abay genannt. Er wird noch groß und mächtig, bis er sich in Khartoum mit dem weißen Nil zum "Nil" vereinigt den wir aus Ägypten kennen.

KASO Bild KASO Bild
Seit Kairo sind wir nun immer irgendwie entlang des Nils oder auf dem Nil gefahren, nun verlassen wir ihn endgültig in Richtung Süden. Direkt nach der Nilbrücke beginnt der Aufstieg. Im Schneckentempo erklimmt das Monster Meter um Meter. Immer nur im ersten oder zweiten Gang , zum einen weil es so steil ist, zum andern wollen wir den Motor nicht überhitzen. Wir begraben den Traum heute noch in Addis eine Pizza zu essen. Entlang der Strecke liegen Autowracks die wohl eine Serpentine zu schnell genommen haben. Am imposantesten ist ein Tankzug der inmitten eines Geröllfeldes liegt und hundert Meter weiter oben, eine Lücke in der Begrenzung. Er liegt anscheinend schon mehrere Wochen, so dass wir ohne Anhalten weiter können. Wir wollen nur noch bis zur Asphaltstraße. Aber nach 2 Stunden Anstieg wird auch diese Idee aufgegeben wir übernachten im Hof des ersten Hotels das wir oben finden.


5/6. Januar 2004 go Addis - go Pizza

Die neue Asphaltstraße beginnt nur wenige Kilometer hinter dem Dorf in dem wir übernachteten. Sie wird von einer japanischen Gesellschaft gebaut und wird wohl deshalb auch bald fertiggestellt. Noch nie haben wir uns so gefreut Japaner zu sehen. Gegen Mittag erreichen wir Addis Abeba und sind vom Kleinstadt Charakter dieser Großstadt überrascht. Alles Schlechte, das wir von Addis Abeba gehört haben scheint nicht zuzutreffen. Custard, die Franzosen und Daryl erwarten uns schon. Die wenigen Spuren die die italienischen Besatzer hier hinterlassen haben, sind die Espressomaschinen und die Pizzerias. Die beste Pizza die wir in Afrika bis jetzt hatten gibt es hier in Addis. Das Ambiente ist sehr vorweihnachtlich. Zur Erinnerung - Weihnachten ist hier erst übermorgen. Für uns wirkt die Weihnachtsmusik, Christbaum und Weihnachtsmann bereits eher etwas deplaziert (Das war schon!).

7. Januar 2004 - Awasa See - äthiopische Weihnachten

KASO Bild Wir nutzen die äthiopischen Weihnachtsferien um ohne Stress weiter nach Süden zu kommen. Heute hieß es für uns wirklich von unsren Freunden Abschied nehmen. Jo und Mark haben noch ein paar Tage in Addis zu tun, bevor sie weiter ins Omo- Naturschutzgebiet fahren, Corinne und Francoise machen sich nach Tagen der Ruhe wieder mit dem Fahrrad auf den Weg in Richtung Süden und Daryl will morgen weiter nach Kenia, er wird uns irgendwann überholen. Wir fahren heute bis Awasa. Am Awasa-See genießen wir die Feiertagsstimmung die überall herrscht. In einer Stunde am See haben wir mehr fremde Vogelarten gesehen als bei uns in einem Zoo. Netterweise lädt uns ein kanadisch- amerikanischen Ehepaar zum Abendessen ein. Sie leben schon seit 36 Jahren in Äthiopien und wollen nun zurück. Wir singen Weihnachtslieder zu einer kleinen Orgel und bekommen Weihnachtskuchen aus Amerika.

Awasa See: Die Affen halten Monster anscheinend für einen super Abendheuerspielplatz. 2 x mal beim Frühstück nicht richtig aufgepasst und schon haben sie 2 Brötchen gemobst.


8/9. Januar 2004 weiter nach Moyale - Kenia

KASO Bild Weiter nach Kenia: Die Landschaft ändert sich in eine tropische Vegetation. Alles sieht so ordentlich, fruchtbar und aufgeräumt aus. Auch die Menschen hier unten im Süden sind wesentlich freundlicher als im Norden. Es scheint als fahre man durch einen riesigen Obstgarten. Bananenstauden säumen die Strasse. Obstverkäufer bieten ihre Ware direkt durch unsere Seitenfenster an. Weiter im Süden wechselt die Landschaft zu der Savannen-landschaft wie wir sie aus Daktari kennen. Zum ersten mal in Äthiopien fahren wir durch eine Landschaft die nicht zersiedelt ist. Die Termiten Säulen lösen Bananenstauden ab - die Gegend wird einsamer.

Endlich erreichen wir Moyale. Die letzte Station in Äthiopien. Bisher sind wir 11334km gefahren, von Addis bis an die Grenze auf einer passablen Teerstraße. Aus der Traum - ab hier führt nur noch eine schlechte Piste weiter. Diese Piste soll der schlechteste und gefährlichste Abschnitt unsrer gesamten Route sein und trotzdem sind wir irgendwie froh - endlich Kenia.

Zusammenfassend Äthiopien:
Die Landschaft ist grandios, sehr fruchtbar und teilweise sehr schroff. Selbige Beschreibung trifft auch auf die Menschen zu. Im Norden trägt jeder Mann ein Gewehr im Süden haben sie das nicht nötig. Außer in den sicheren Enklaven von Hotels und Restaurants wird ein Weißer ständig von einer Traube fordernder Menschen umlagert.
Weihnachten in den Simien Mountains war ein Erlebnis das wir nie vergessen werden.

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